Interim Management in Deutschland wächst: Interview mit Robert Sadjak

16 Juli 2025

In vielen europäischen Ländern gehört Interim Management längst zum festen Bestandteil moderner Unternehmensführung. Auch in Deutschland entwickelt sich der Markt weiter – mit wachsendem Bedarf und klarerem Fokus auf Qualität und Strategie.

Thomas Tschol, Geschäftsführer der Management Factory, hat mit Robert Sadjak, Managing Partner bei Valtus Germany, über die aktuelle Lage gesprochen. Im Fokus: Wie nutzen deutsche Unternehmen Interim Management? Und worauf kommt es dabei an?

Wie entwickelt sich der Markt in Deutschland?

Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten bleibt der deutsche Interim-Markt stabil. Laut der DDIM (Dachgesellschaft Deutsches Interim Management) greifen Unternehmen zunehmend auf externe Führungskräfte zurück, wenn schnelle und erfahrene Unterstützung gefragt ist. Die AIMP-Marktstudie 2024/25 rechnet mit einem jährlichen Wachstum zwischen 5 und 10 Prozent – vor allem in Zeiten von Umbrüchen oder Veränderungsprozessen.

Welche Funktionen werden besonders nachgefragt?

Der größte Teil der Mandate betrifft das Top-Management. Rund 70 % der Einsätze finden auf C-Level statt:

  • CFO (Finanzen)
  • COO (Betrieb, Lieferkette)
  • CEO / Geschäftsführer
  • CHRO (Personal)

Was hat sich verändert?

Früher kamen Interim Manager:innen vor allem bei Krisen oder Ausfällen ins Spiel. Heute übernehmen sie auch zentrale Rollen bei Projekten wie Transformation, Digitalisierung oder M&A-Prozessen. Das zeigt, wie sich die Bedeutung des Modells gewandelt hat.

Welche Branchen setzen besonders auf Interim-Führung?

Aktuell vor allem:

  • Maschinenbau
  • Automobilindustrie
  • Rüstungsindustrie
  • Gesundheits- und Pharmabranche

Diese Branchen stehen oft unter hohem Veränderungsdruck – da ist externe Unterstützung mit Erfahrung gefragt.

Warum setzen Unternehmen Interim Manager ein?

Typische Gründe sind:

  • Umstrukturierungen
  • Digitalisierung oder kultureller Wandel
  • Nach Fusionen oder Übernahmen
  • Produktions- oder Lieferprobleme
  • Internationalisierung oder starkes Wachstum

Kurz: Wenn es schnell gehen muss und intern niemand verfügbar ist.

Was erwarten Unternehmen?

Vor allem:

  • Schneller Start (oft innerhalb von 1–2 Wochen)
  • Viele Jahre Führungserfahrung
  • Eigenständiges Arbeiten
  • Schnelle Ergebnisse ohne lange Einarbeitung

Die meisten Interim-Manager:innen in Deutschland sind um die 57 Jahre alt und bringen breite Praxis mit. Es geht darum, sich schnell einzuarbeiten und sofort handlungsfähig zu sein.

Gibt es Besonderheiten in Deutschland?

Ja, einige Punkte:

Das Thema Scheinselbstständigkeit sorgt bei manchen Firmen für Unsicherheit. Viele Unternehmen bevorzugen langfristige Lösungen oder interne Nachbesetzungen. Im Vergleich zu Ländern wie Frankreich agieren deutsche Firmen oft vorsichtiger.

Deshalb ist es wichtig, Unternehmen zu zeigen, dass Interim-Manager mehr sind als eine Notlösung.

Wie ist der Markt organisiert?

Der Interim-Markt in Deutschland ist gut aufgestellt:

  • Branchenverbände wie die DDIM sorgen für Standards und Austausch
  • Es gibt spezialisierte Anbieter für verschiedene Branchen und Rollen
  • Interim Management wird zunehmend strategisch eingesetzt

Im Mittelstand ist das Modell noch nicht überall angekommen, aber gerade bei Nachfolgeregelungen oder Ausnahmesituationen wird es immer öfter genutzt.

Fazit

Das Gespräch zeigt: Der Markt wächst – langsam, aber stetig. Interim Manager übernehmen heute anspruchsvolle Führungsaufgaben und sind wichtige Partner in Veränderungsprozessen. Unternehmen, die bereit sind, externe Expertise gezielt einzusetzen, können schneller und effektiver auf neue Anforderungen reagieren.

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